5.06.2014

Wir lösen Probleme im Vorwärtsschreiten

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Das Wetter war gar nicht schlecht.



Die Eingeladenen lassen sich es nicht nehmen, mich in die Grundlagen zielführenden Quengelns einzuführen. Herr Finkbeiner erklärt, dass der Antrag auf ein Bürgerbegehren beliebig oft gestellt werden kann. Erst im Fall einer Zulassung und eines Scheiterns, weil nicht genügend Bürgerstimmen für einen Entscheid zusammen kamen oder die Mehrheit später gegen den Antrag stimmt, darf es zwei Jahre lang kein neues Begehren in der Sache geben. Also:  Antrag stellen, Stimmen sammeln, abstimmen oder Antrag stellen, Antrag stellen und sich mit dem dritten Antrag in der Wiege der Demokratie schlafen legen. 

Die Ablehnung des Antrags erfolgt erfreulicherweise mit einer Begründung. Diese, so Finkbeiner, sei der Schlüssel für einen verbesserten Antrag, der aber möglicherweise vier Wochen später wieder nicht an die begründete Ablehnung heranreicht. Ein historisch verbürgter Besucher der Museumsstadt hat dies vor hundert Jahren bereits vorausgesehen:

Vor dem Begehren steht ein Türhüter. Zu diesem Türhüter kommt ein Weimarer und bittet um Eintritt. Aber der Türhüter sagt, dass er ihm jetzt den Eintritt nicht gewähren könne. Der Weimarer überlegt und fragt dann, ob er also später werde eintreten dürfen. 

«Es ist möglich», sagt der Türhüter, «jetzt aber nicht.» 

Da das Tor zum Begehren offensteht wie immer und der Türhüter beiseite tritt, bückt sich der Mann, um durch das Tor in das Innere zu sehn. 
Als der Türhüter das merkt, lacht er und sagt: «Wenn es dich so lockt, versuche es doch, trotz meines Verbotes hineinzugehen. Merke aber: Ich bin mächtig. Und ich bin nur der unterste Türhüter. Von Saal zu Saal stehen aber Türhüter, einer mächtiger als der andere. Schon den Anblick des dritten kann nicht einmal ich mehr ertragen.»  Solche Schwierigkeiten hat der Weimarer nicht erwartet; das Begehren soll doch jedem und immer zugänglich sein, denkt er.
Auch Franz Kafka sollten wir hier ein Museum bauen. Schließlich besuchte er die Stadt 1912 für eine Woche. Im Goethehaus verliebte er sich auch noch in Margarethe, die Tochter des Hausmeisters. Wie Kleist und Heine verließ er Weimar aber schnell wieder. Nun gut, Nietzsche blieb etwas länger.


Sind die Messen gesungen?
Wieder sind wir überrascht, wie wenig die Weimarer über die Baupläne wissen. Kunststück: Wir wissen ja auch erst seit einer Woche mehr. Viele gehen immer noch davon aus, dass auf dem Minolplatz gebaut wird, wo Platz wäre und der Neubau weniger stören würde. Was die Frage aufwirft, wie man 22,6 Millionen so verbaut, dass es keiner sieht.

Niemand möchte einen Solitär im Park. Die Bürger möchten viel lieber umgeben sein mit dem, was sie bisher an ihrem Weimarhallenpark schätzen. Mit Bäumen. Der Erinnerung an ein Café, dem Lese-Café Gratis, in das ruhig ein neues einziehen könnte. Der Ruhe vor den Touristenströmen. Ausgenommen netten Einzelexemplaren.

Bereits in den 1920er Jahren gab es eine Diskussion um den Park. Als man einen Bauplatz für eine Stadthalle suchte, gewann jener Entwurf, der sie an der Ostseite des Parks platzierte. Befürch-tungen, dass die Halle nicht nur die Sichtachse von Teich, Bertuchschem Anwesen und dem Turm der Jakobskirche zerstöre, sondern auch „der intime Charakter dieses Parks schwer beeinträchtigt werden könnte“ zerstreute der Architekt, indem er vorschlug, „bei der Projektierung des Baus auf eine übertriebene Monumentalwirkung zu verzichten.“ Die 1929 hereinbrechende Weltwirtschaftskrise reduzierte den Bau dann auf ein erträgliches Maß, weil für Nebengebäude das Geld fehlte. 1932 fertig geworden stand die Weimarhalle dann für die Feierlichkeiten zu Goethes 100. Todestag zur Verfügung.  

Auch heute haben es die Weimarer, mit denen wir gesprochen haben, lieber intim. Doch trotz Krise in der Kasse setzen Stadt und Stiftung weiter auf Wirkung. In diesem Streben ließen sie sich auch nicht von Professor Kurt Lembcke beirren. Der wollte ein vorhandenes Gebäude nutzen (Westflügel des Gauforums). Sein Vorschlag scheiterte jedoch am „architektonisch belasteten Umfeld“, was jeden belastet, der das Gauforum gerne ein bisschen aufgewertet hätte. Schade. Und nun glauben einige, es  ginge eben nicht mehr um das Wie, sondern nur noch das Ob. Also verharren wir gemeinsam in ungläubiger Erwartung auf: das Riesending, den Koloss von Weimar, den Kasten, das protzige Teil, das große Ding, den schweren Klotz, den Riesenbau, den Ka- nein Beton, den Größenwahn.   


Besuch ist schön
Wir haben ein Transparent, ein Mikrofon und gegenwärtig 4 Kopfhörer, mit denen nachgehört werden kann, was unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger, Nordvorstädtlerinnen und Nordvorstädtler zum neuen Bauhaus zu sagen haben. Oder was Mario Finkbeiner zum Bürgerbegehren gesagt hat. Damit unsere Batterien ihren Saft nicht umsonst verströmen, könnten wir eigentlich wieder jemanden fragen, ob er am Sonntag um 11 Uhr vorbeikommt. Ja, auch dich. Kommst du?

Aber vielleicht auch jemanden, der viel weiß. Zum Beispiel einen Stadtrat der Grünen. Die werben zur Kommunalwahl mit dem Plakat: Weimar ist grün am schönsten. Mit ihr oder ihm möchten wir uns gern solidarisieren und fragen:

1. Welche Bedeutung hatte aus Ihrer Sicht der Stadtratsbeschluss Ende Januar zum Bebauungsplan für die Verwirklichung des neuen Bauhausmuseums?

2. Welche Informationen standen Ihnen zu diesem Zeitpunkt für Ihre Entscheidung zur Verfügung?

3. Wie stehen Sie zu der Verlautbarung der Klassik-Stiftung, das Gebäude sei nachhaltig? (beleuchtete Fassade, keine Fenster, Verlegung von Straße, Einfahrt zur Tiefgarage und Kanalisation, Fällen der Bäume am Bauplatz) 



  

 
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